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 Elton John und

Band Live in Würzburg Greatest Hits Tour 2012

Elton John & Band – Greatest Hits Tour 2012
14.
Juli 2012 – Würzburg, Residenzplatz


Vorbemerkungen
Das Konzert in Würzburg hat bei mir gemischte Eindrücke hinterlassen. Das liegt allerdings nicht an Elton John & Band, sondern vielmehr an der Konzeption des Konzertes. Der Residenzplatz in Würzburg bietet sicherlich eine traumhafte Kulisse für Open Air-Konzerte, trotzdem hat mir die Komplettbestuhlung gar nicht gefallen. Ich hatte mich nach dem phantastischen Konzert in Wetzlar Anfang Juni spontan entschieden, auch noch nach Würzburg zu fahren und habe entsprechend gewartet, um in letzter Minute bei ebay ein „günstiges“ Ticket ersteigern zu können. Ich bekam für 70€ ein 90€-Ticket im vierten von sechs Blöcken auf der rechten Seite. Zwar konnten wir die Bühne komplett sehen, rein ästhetisch störte mich aber das riesige Zelt für die Ton-und Soundmischer, das direkt schräg vor uns aufgebaut war und an dessen Rückseite ein Bierzelt stand. Das hatte zur Folge, dass hinter dem Bierzelt eine riesige freie Fläche war, die man aber – wie uns die Security mehrfach mitzuteilen pflegte - zu keinem Zeitpunkt betreten durfte. Nicht mal um ein einziges Foto zu machen (was niemandem die Sicht versperrt hätte) durfte man aufstehen, obwohl unser Block das scheinbar gerne getan hätte, weil nach jedem Stück der gesamte Block Standing Ovations gab. Im letzten Teil des Konzertes hatten die Securities zwar keinen Überblick mehr, weil  dann alle standen und tanzten, aber trotzdem hat diese zwanghafte Umgebung meine Stimmung erheblich getrübt. Vielleicht bin ich wegen der vielen Konzerte in den letzten Jahren, in denen ich wirklich nah an der Bühne war, auch etwas verwöhnt, aber ein Ticket einer „günstigeren“ Kategorie bei komplett bestuhlten Konzerten werde ich mir nicht mehr kaufen. Das erste und bis gestern einzige Mal, dass ich das gemacht habe, war 2008 bei Eric Clapton in Wiesbaden vor dem Kurhaus, was der Kulisse am Residenzplatz sehr ähnlich ist. Da konnte man den Meister aber zumindest noch gut sehen, weil er stand. Elton sitzt naturgemäß den Großteil des Konzertes an seinem Flügel, deshalb konnte ich ihn gestern nur in günstigen Augenblicken erhaschen – wenn die Menschen vor mir gerade geschickt saßen. Gleiches gilt für die Leinwand, die man auch locker nochmal zwei Meter höher hätte montieren können. Das erschreckende daran ist, dass ich eher überdurchschnittlich groß bin (1.85m) und ja noch nicht mal annährend einen der schlechtesten Plätze hatte.
Kurzum: Man sah nicht sonderlich viel, hörte dafür aber umso mehr. Der Sound war exzellent, wobei ich ab und zu von der linken Seite, wo die große Barock-Residenz steht, ein Echo wahrgenommen habe, das bei uns aber nicht wirklich ankam.

Konzertbericht
Zum Konzert selber ist zu sagen, dass es wohl für alle ziemlich überraschend anfing. Ich war gerade am Plaudern mit meinen Sitznachbaren und erzählte, dass zuerst eine kurze Videobotschaft von Elton kommen würde, dann die 2Cellos und dass dann nach und nach die Band auf die Bühne kommen würde. Mitten in unserm Gespräch, es war exakt 19:30, ging plötzlich die Bühnenbeleuchtung an und die Basslinie von „Saturday Night’s Alright For Fighting“ ertönte. Zu diesem Zeitpunkt herrschte zumindest bei uns in der Umgebung noch großes Chaos, weil der allgemeine deutsche Konzertbesucher einfach nicht in der Lage zu sein scheint, zu der auf den Tickets angegeben Uhrzeit auf seinem Platz zu sitzen, geschweige denn überhaupt „schon“ zu wissen, wo sich sein Platz überhaupt befindet. Das wesentlich größere Übel ist, dass – sobald der Platz gefunden ist – alle Viertelstunde für Getränkenachschub gesorgt werden muss. Alle halbe Stunde wird dementsprechend auf die Toilette gerannt. Das mag jetzt vielleicht kleinlich klingen, aber ich bin echt ein toleranter Konzertbesucher. Bei Stehplätzen hab ich auch kein Problem damit, einen Schritt zur Seite zu machen, damit keiner verdurstet, aber bei Sitzplätzen muss  immer die ganze Reihe aufstehen, dementsprechend sehen die Reihen dahinter für diesen Moment absolut gar nichts und es kommt einfach Unruhe auf. Um das zu verdeutlichen, hab ich mir eben nochmal mein Video von der Solo-Version von „Nikita“ angeschaut und gezählt: In diesen gut 5 Minuten sind mir 38 Menschen durchs Bild gelaufen (und das nur in dem Freiraum vor unserem Block) – in den meisten Fällen mit Handys und Bier. Das schlimmste daran ist, und damit möchte ich zum erfreulichen Teil meines Berichtes umschwenken, dass „Nikita“ für mein Empfinden der intensivste Moment des Konzertes war. Ein Solokonzert von Elton muss so unglaublich toll sein… „Nikita“ an sich genoss bei mir bis Wetzlar einen Ruf als kitschige Ballade – ähnlich wie „Sorry Seems To Be The Hardest Word“ – kann man mal hören, aber ist kein Favorit. Das Zwischenspiel allerdings ist dermaßen intensiv (und erinnert mich stellenweise an „Tonight“, das ich absolut verehre), dass ich jedes Mal eine Gänsehaut bekomme. Lustig war, dass  Elton bei „Do you ever dream of me?“ verschmitzt durch seine Zahnlücke ins Publikum guckte.
Generell kann man den Musikern keinen Vorwurf machen. Die Spielfreude war absolut zu spüren. Elton begrüßte das Publikum damit, wie schön das Ambiente sei und dass er ja vor elf Jahren schon mal hier gespielt hätte (damals war’s ein Solokonzert, er sprach aber von „wir“) und wollte dann das Jahr nennen, fing an mit „Nineteen hundred ninety…“ und korrigierte sich dann „No, it was Two thousand and one“, was für einige Lacher sorgte. Er machte rege Ansagen vor „Mona Lisas And Mad Hatters“ („This is a song from „Honky Chateau“ and it’s about New York City“), das wieder wunderschön war, vor „Hey Ahab“ (Next week my new album, ‚Elton John vs. Pnau‘, will be released in Germany. This is from y last album with Leon Russell and it’s called ‚Hey Ahab‘“) und vor „Tiny Dancer“, das er wieder alle „Ladies“ widmete.
Die Bandvorstellung war auch wieder sehr ausführlich. Im Gegensatz zu Wetzlar gab es keine Spitznamen, dafür aber den Hinweis, dass Bob Birch Geburtstag habe. Elton improvisierte daraufhin eine kurze Variation von „Happy Birthday“ auf dem Klavier, was auch sehr gut ankam.
Ansonsten ist zur Setlist nicht viel zu sagen. Über „Grey Seal“ freuten sich einige Menschen in meinem Block sehr. „Candle In The Wind“ kam für viele wieder überraschend früh. Ich fand hierbei den Chor zu laut in der letzten Strophe im Vergleich zu Eltons Stimme.
„Rocket Man“, mein All-Time-Favorit, hat ja mittlerweile ein völlig anderes Intro. Elton hielt einen Ton extrem lange, woraufhin es euphorischen Szenenapplaus gab (Ich glaube es war das „high“ in „…and I’m gonna be high“). „Rocket Man“ ist sehr erfrischend ohne dieses 7-minütige Instrumentaloutro, allerdings sind die Science-Fiction-Laser-Animationen dazu auf den Leinwänden unbeschreiblich  geschmacklos. Ein Sternenhimmel hätte es doch auch getan?
„Tiny Dancer“ und „Goodbye Yellow Brick Road“ waren einfach perfekt. Elton hat das in den letzten 15 Jahren glaube ich nie besser gesungen. „Hey Ahab“ hat die Leute dann gänzlich zum Auftauen gebracht. Egal wohin ich geguckt habe, die Leute haben den Takt mitgetreten. Das kam sehr gut an – sogar bei den Jugendlichen, die sich in den angrenzten Häusern getroffen hatten, um das Konzert von den Fensterbänken aus mitzuerleben.
Mein Highlight war (wieder mal) „Funeral For A Friend/ Love Lies Bleeding“. Gerade der erste Teil ist dermaßen genial komponiert… Das ist wahrscheinlich – neben „Candle In The Wind“ und „Tonight“ -das beste/ genialste/ emotionalste, was Elton John jemals geschrieben hat.
Leider war es noch ziemlich hell, als dieses Epos gespielt wurde, aber richtig dunkel wurde es leider im Laufe des Konzertes ohnehin nicht.
Schade finde ich im Nachhinein, dass „Someone Saved My Life Tonight“ nach Wetzlar nicht mehr gespielt wurde. Das ist eines meiner absoluten Lieblingslieder und sicherlich eines der (autobiographisch) bedeutendsten Stücke in Eltons Repertoire. Stattdessen wurde mit Songs wie  „Sacrifice“ oder „Sad Songs“ aus meiner Sicht Zeit verschwendet, in der man wesentlich gehaltvollere Stücke hätte spielen können (zum Beispiel „Sameone Saved…“ J). „Honky Cat“ wird immens aufgewertet durch John Mayols Percussions und Elton singt es wirklich unglaublich gut.

Was die Stimmung anbelangt war der Knackpunkt „Don’t Let The Sun Go Down On Me“, was wirklich alle vom Hocker bzw. vom Klappstuhl gerissen hat. Das anschließende „I’m Still Standing“ tat dem keinen Abbruch, und so blieben die Leute einfach stehen bis zum Ende des Konzertes. „The Bitch Is Back“ war stärker als „I’m Still Standing“ und im Gegensatz zu vielen Kritikern bei den Eventim-Fanreports finde ich die Leinwandanimationen zu dem Song nicht geschmacklos, sondern durchaus passend.
„Crocodile Rock“ litt unter dem Effekt, den man da üblicherweise auf Eltons Stimme legt, weil man teilweise gar nichts verstanden hat, aber das war den Zuhörern scheinbar egal. Die Stimmung bebte und fast jeder sang mit. Ein sympathisches Gimmick war, dass Elton Teile der deutschen Nationalhymne in die Einleitung zu „Crocodile Rock“ eingebaut hatte. Während des Songs tauchten immer wieder Krokodil-Handpuppen auf den Leinwänden auf; auch auf der Bühne bei der Kamera, die Nigel Ollson beim Trommeln filmte.
Nach der obligatorischen Autogrammstunde bedankte sich Elton (wie immer…) dafür, dass wir ihn schon so lange unterstützen, Tickets für die Show kaufen, wünschte uns „Luck, Health and Happiness“ und widmete (wie immer…) allen Anwesenden „Your Song“, was natürlich auch wieder traumhaft schön war.

Schade finde ich, dass sofort nach Konzertende die Bühnentechniker anfangen, das Schlagzeug abzubauen und dem Künstler somit jeder Freiraum genommen wird, auf das Publikum einzugehen. Es war erst Viertel vor 11, als das Konzert zu Ende war, es war noch hell und das Publikum hat Elton & Band stark bejubelt, aber der Applaus endet nun einmal, wenn die Applaudierenden sehen, dass mit dem Abbau begonnen wird. Ohnehin war das Konzert in Würzburg mit 135 Minuten inklusive Bandvorstellung und Autogramme schreiben das kürzeste der bisher drei Elton John-Konzerte, die ich besucht habe.

Fazit
Alles in allem bereue ich nicht, da gewesen zu sein, weil das, was auf der Bühne geleistet wurde, mich (abgesehen von gewissen Setlistwünschen) wunschlos glücklich gemacht hat. Alles drumherum hat mich aber dazu gebracht, mein Konsumverhalten zu hinterfragen: Bei komplett bestuhlten Konzerten, so lautet mein persönliches Fazit, kaufe ich entweder ganz teure Sitzplätze ganz vorne, oder bleibe daheim. Beides ist – gerade als Student - nicht befriedigend, aber solange der Markt und wohlhabende, biertrinkende, zu spät kommende Konzertbesucher diese Art von Konzerten fördert, muss ich mich damit arrangieren.

Setlist
01. Saturday Night's Alright for Fighting
02. Bennie and the Jets
03. Grey Seal
04. Levon
05. Tiny Dancer
06. 
Mona Lisas and Mad Hatters
07. Philadelphia Freedom
08. 
Candle in the Wind (Bandversion)
09. 
Goodbye Yellow Brick Road
10. 
Rocket Man
11. Hey Ahab
12. I Guess That's Why They Call It the Blues
13. Sacrifice
14. 
Funeral for a Friend/Love Lies Bleeding
15. Honky Cat
16. Sad Songs (Say So Much)
17. Daniel
18. Nikita (Soloversion)
19. Sorry Seems to Be the Hardest Word
-Bandvorstellung (inkl. „Happy Birthday“ for Bob Birch)
20.
 Don't Let the Sun Go Down on Me

21. I'm Still Standing
22. The Bitch Is Back
23. Crocodile Rock (mit Nationalhymne-Snippet)

24. Your Song (Bandversion)